Kultur & Kirche - 6. Veranstaltung | 02.02.2024 | 19 Uhr | BürgerForum Altes Schulhaus, Gaiberg

Dr. Eduard Thommes: Von schwarzen Löchern, Einstein und dem Glauben an Gott

Grenzüberschreitungen hier wie dort

 

(02.02.24) Als sich Bürgerinnen und Bürger aus Gaiberg, Heidelberg und manch anderen Orten der Umgebung Anfang Februar auf den Weg ins BürgerForum Altes Schulhaus machten, wusste praktisch niemand, was ihn beim Vortrag „Von schwarzen Löchern, Einstein und dem Glauben an Gott“ erwarten würde.

Der Evangelische Kirchenbauverein Gaiberg e.V. hatte für seine Reihe „Kultur & Kirche“ den Heidelberger Astrophysiker Dr. Eduard Thommes eingeladen, der sich als gläubiger Katholik seit vielen Jahren mit den tatsächlichen und vermeintlichen Widersprüchen zwischen Religion und Naturwissenschaften befasst.

Es waren geballte, dicht gedrängte zwei Stunden Vortrag, die lebhafte Diskussion im Anschluss nicht miteingerechnet. „Auf dem Grund des Bechers der Wissenschaft wartet Gott“, so der vielversprechende Tenor.

Doch trotz Folienfülle und Faktendichte, trotz Allgemeiner und Spezieller Relativitätstheorie – Thommes gelang es, dem Publikum in jeder Sekunde seines Vortrags seine Begeisterung für religiöse und philosophische Fragestellungen spüren zu lassen. Kleine Experimente wie das chaotische Pendel, dessen Verhalten niemals vorhersagbar ist, dienten zur Verdeutlichung, dass unser Planet, unsere Existenz einzig und alleine einem extrem unwahrscheinlichen Zufall, dem Urknall, zu verdanken ist.

Die Erklärung des Dualismus‘ von Welle und Teilchen bei der Aussendung von Licht führte sicher nicht wenige Vortragsbesucher an ihre Grenzen. Erst recht, als es darum ging, die Konsequenzen dessen zu bedenken, was es bedeutet, dass die Lichtgeschwindigkeit eine absolute Konstante ist – selbst bei sich bewegenden Systemen. Was Albert Einstein zunächst rein mathematisch postulierte und erst lange nach seinem Tod experimentell bewiesen wurde, schafft heute die technologische Grundlage für Errungenschaften wie moderne Energietechnik, Kommunikation und Raumfahrt, um nur einige Bereiche zu nennen.

Der ewige Streit um den Widerspruch zwischen Glaube und Naturwissenschaft basiert letztlich auf einer Grenzüberschreitung - hier wie da: Auf christlicher Seite sind es vor allem die Kreationisten, die in den USA auf dem Vormarsch sind: Vierzig Prozent der US-Erwachsenen stimmen einer streng schöpferischen Sichtweise der menschlichen Herkunft zu und glauben, dass Gott sie in ihrer jetzigen Form in etwa den letzten 10.000 Jahren geschaffen hat.

Dem entgegen steht die Behauptung von Naturwissenschaftlern, die Wissenschaft habe Gott widerlegt. Doch, so stellte Eduard Thommes immer wieder dar, Glaube und Naturwissenschaft beschäftigen sich mit sehr verschiedenen Fragestellungen.

Während die Naturwissenschaft sich mit den Abläufen in der Natur und ihren Gesetzen von Ursache und Wirkung befasst und die allgemeinen Prinzipien hinter den Gesetzen sucht, hat der christliche Glaube einen anderen Ansatz. Er befasst sich mit Gottes Offenbarung und Heilsplan, Gottes Absichten, seinen Wertmaßstäben und seiner Liebe zu den Menschen. Während die Naturwissenschaft sich mit dem „Wie“ befasst, geht es bei der Religion um das „Wer“ und das „Warum“.

„Für Aussagen über Gott ist die Wissenschaft überhaupt nicht zuständig“, stellte Thommes klar. Und Gott begegne ihm immer wieder aufs Neue – spätestens bei Blick durchs Teleskop in ferne Galaxien und Sonnensysteme. Aber auch bei biblischen Geschehnissen, die den konventionellen Zeitbegriff ignorieren und immer hier und jetzt stattfinden – physikalisch nach den Gesetzen von Raum und Zeit.

Gerne zitierte Thommes auch frühe Philosophen und Naturwissenschaftler wie Galileo Galilei (1564 – 1642): „Die Absicht des Heiligen Geistes war, uns zu lehren, wie man zum Himmel geht, und nicht, wie der Himmel geht!“ Berühmt wurde Galilei unter anderem dadurch, dass die katholische Kirche ihn verurteilte, weil einige seiner Theorien der damaligen Auslegung der Bibel widersprachen.

Da im Publikum nicht nur eine Reihe von renommierten Naturwissenschaftlern saßen, sondern auch Theologen, entwickelte sich im Anschluss an den Vortrag eine recht lange und lebhafte Diskussion, die bis weit in den Abend reichte und nicht nur bei Sekt und Orangensaft, den die Mitglieder des Kirchenbauvereins ausschenkten, sondern auch in der benachbarten Weinstube bis spät in die Nacht weiterging. Das BürgerForum war bis auf den letzten Platz gefüllt, und das Publikum dankte mit lang anhaltendem Applaus.

So ist an dieser Stelle auch allen zu danken, die bei der Vorbereitung und der Durchführung dieser Veranstaltung von Kultur & Kirche halfen, nicht zuletzt der Gemeinde, die den Saal zur Verfügung stellte, um die Heizkosten in der Kirche einzusparen.

Letztlich kam durch eine großzügige Kollekte und einigen Spenden im Nachgang eine ordentliche Spendensumme zusammen, die der Kirchenbauverein wieder für die Sanierung und Renovierung der denkmalgeschützten Peterskirche und ihrer Gebäude verwenden wird.

boe

Der Astrophysiker Dr. Eduard Thommes ist Wissenschaftlicher Geschäftsführer des Instituts für Theoretische Physik an der Universität Heidelberg. Er hielt im BürgerForum Altes Schulhaus einen sehr gut besuchten Vortrag.

Fotos: M. Boeckh